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Heiße Liebe

    21.06.2021

    5 min

    Fotos: Bialetti | Text: Severin Huber 

Mit seinem Kaffeekocher „Moka Express“ hat Alfonso Bialetti 1933 einen Klassiker geschaffen, der bis heute begeistert.

 

Was zeichnet einen erfolgreichen Erfinder aus? Nun, sicher der Mut, bewährte Funktionen von Dingen nicht als selbstverständlich oder Optimum zu erachten, sondern sie radikal infrage zu stellen. Bei Willi Bruckbauer, dem Gründer von BORA, entstand so die Perfektionierung der Idee, Küchendunst nicht nach oben steigen zu lassen, sondern ihn unmittelbar am Entstehungsort nach unten abzusaugen. Alfonso Bialetti, der Erfinder der „Moka Express“- Kanne, arbeitete physikalisch in entgegengesetzter Richtung.

Als er 1931 seinen Prototyp für eine neuartige Herdkanne fertigstellte, konnte man Espresso nur in italienischen Kaffeehäusern trinken: Man bereitete ihn in großen Espressomaschinen zu. Diese pressten heißen Wasserdampf von oben durchs gefüllte Kaffeesieb nach unten. Alfonso Bialetti aber, so wird berichtet, war fasziniert von einem Gerät, das „Lisciveuse“ genannt wurde: eine Art Waschmaschine, in der die Frauen seines Heimatdorfs im Piemont die Wäsche wuschen. Das System war einfach: Wasser wurde erhitzt. Wenn es kochte, stieg es durch ein Rohr nach oben und ergoss sich, vermischt mit Lauge, über die Wäsche.

Dieses Grundprinzip übertrug der 1888 im Bergdorf Montebuglio geborene Tüftler auf seinen Bialetti Kaffeekocher. Auf dem Herd erhitztes Wasser steigt aus einer achteckigen Kanne durch ein Sieb mit gemahlenem Kaffee und sammelt sich im darübergeschraubten Behälter. Das Werkmaterial der Espressokanne ist Aluminium, dessen Verarbeitungstechniken Alfonso Bialetti bei einem Auslandsaufenthalt in Paris kennengelernt hatte. Denn eine weitere Grundvoraussetzung für Erfinderglück ist, das Handwerk und die Werkstoffe der Produktwelt, in der man tätig werden möchte, genau zu kennen.

    Auch darin zeigt sich die Parallele zu Willi Bruckbauer, der als Schreinermeister mit den Anforderungen an den Küchenbau bis ins Detail vertraut ist. Mit seiner Wunderkanne gelang es Alfonso Bialetti also, das Espressokochen zu revolutionieren und gleichzeitig zu sozialisieren. Denn fortan konnte jeder auch zu Hause ohne großen Aufwand und hohe Kosten Espresso auf dem Herd brühen. Zugegeben, für richtigen Espresso benötigt man 9 bar Druck, Bialettis Espressokanne schafft dagegen nur etwa 1,5 bar. Deshalb taufte er sein Ergebnis Moka und seine Kanne dementsprechend „Bialetti Moka Express“.

      1933 begann er in seiner kleinen Werkstatt in Crusinallo, nur fünf Kilometer von seinem Geburtsort entfernt, Kannen zu fertigen und zu verkaufen. Dass er mit der puristischen und zeitlosen Gestaltung eine Designikone geschaffen hatte, ahnte Alfonso Bialetti damals nicht. 

      Das Geschäft lief eher schleppend. Zwischen 1934 und 1939 verkaufte er gerade einmal 70.000 Kannen, meist auf Wochenmärkten. Denn jede Erfindung braucht auch ein gutes Marketing. Und ein geschickter Verkäufer war Alfonso Bialetti nicht. So war es ein Glücksfall, dass 1945 sein Sohn Renato aus der Kriegsgefangenschaft aus Deutschland zurückkehrte. Er sorgte dafür, dass die Produktion auf 1.000 Kannen pro Tag erhöht wurde, und investierte in Werbung. Seit 1953 ist auf jeder Moka-Kanne der „L’omino coi baffi“ zu sehen, ein kleiner Mann mit Schnurrbart, der ganz bewusst Ähnlichkeit mit Renato Bialetti hat.

        Damit schuf dieser Markenidentität und Wiedererkennungswert. Früh schaltete er zudem Fernsehwerbung. Der Slogan „In casa un espresso come al bar“ (zu Hause einen Espresso wie im Café) wurde in Italien zur Redewendung. Und der einsetzende Wirtschaftsboom Mitte der 1950er-Jahre tat ein Übriges, um aus dem Unternehmen eine internationale Erfolgsgeschichte zu machen. 

        Heute steht in mehr als 90 Prozent der italienischen Haushalte mindestens eine Bialetti Moka Express. Und weltweit verströmt die Aluminiumkanne neben Kaffeeduft auch italienische Lebensart. Behutsam hat die Firma im Laufe der Jahrzehnte das Sortiment erweitert. Verschiedene Größen kamen hinzu, später farbige Varianten: in Rot, Schwarz, Lindgrün, Hellblau, Gelb, Fuchsia, Gold – ja, es gibt sogar ein Modell in den Farben der Trikolore. Einige neue Formen wie die elegante „Venus“ wurden entwickelt, die in ihrer großen Variante auch für den Induktionsherd geeignet ist. Viele Fans fand auch die „Brikka“, die durch höheren Druck besonders cremigen Kaffee kocht.

          Das Innenleben aber blieb, bis auf die Reduktion der Austrittspunkte des Kaffees von ursprünglich vier auf zwei sowie das Hinzufügen eines Sicherheitsventils, über die Jahrzehnte hinweg unverändert. Es gab und gibt bis heute an Alfonso Bialettis genialer Erfindung technisch einfach nichts zu verbessern. Nach wie vor sind die Kannen so robust und langlebig, dass sie ihren Benutzer durchs ganze Leben begleiten können. Entsprechend viele Emotionen sind mit der persönlichen Bialetti verbunden. Man kocht mit ihr seinen Espresso an guten und weniger guten Tagen, zu freudigen Anlässen und zur Aufmunterung. Und während man die zwei bis drei Minuten wartet, bis das Röcheln im Rohr den aufsteigenden Kaffee ankündigt, hat man ein bisschen Zeit, übers Leben nachzudenken. Auch das machte Alfonso Bialetti mit seiner Erfindung möglich.

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