Sergio Higuita – das „Monster“ aus Kolumbien

Sergio Higuita – das „Monster“ aus Kolumbien

August 2022

Zum Abschalten braucht es einfach Musik. „Egal was, nichts Spezielles. Einfach zum Relaxen. Musik ist das Vergnügen der Seele.“, so der Mann aus Medellín, der zweitgrößten Stadt Kolumbiens. Vor einem Zeitfahren oder schweren Etappen ist da schon mal sowas wie Metallica mit dabei. Zum Runterkommen lauscht er dann doch eher den ruhigen Tönen. Ob er selbst ein Instrument spiele, entgegnet er mit einem „Nein, nicht mehr.“ Er hatte mal eine Gitarre, nachdem diese aber kaputt ging, gab er das Üben auf.

Fotocredit:

BORA – hansgrohe / Sprintcycling

Karrierestart

Seine Karriere ging schon sehr früh auf Schiene. Mit zarten 5 Jahren fuhr er sein erstes Radrennen, weil ihn sein Sportlehrer dazu angemeldet hat. Danach stieg Tag für Tag seine Liebe für den Radsport. Zu Beginn war er noch vermehrt auf dem BMX Rad unterwegs, wenig später dann auf dem Rennrad. Sein Vater hat ihn dabei, wie auch seine ganze Familie, sehr unterstützt. Er ist der erste seiner Familie, der Radsport professionell ausübt.

An seine erste Ausfahrt kann er sich noch sehr gut erinnern: „Noch während meines ersten Tages auf dem Rad hatte ich eine Kollision mit einem Taxi. Die Lichter des Autos sind durch den Crash kaputt gegangen. Nicht unbedingt der beste Start einer Radkarriere, aber definitiv ein Start den ich nicht vergessen werden.“

Vorbilder und der Weg nach Europa

2016, im Alter von 19 Jahren, wurde Sergio Profi beim Team „Manzana Postobon“, einer kolumbianischen Talenteschmiede, die sich 2019 jedoch auflöste. Dafür ging er nach Spanien, der Europa Basis des Teams, in die Heimat eines seiner größten Vorbilder: „Alejandro Valverde. Er kann von Eintagesrennen bis Grand Tours, von Februar bis Oktober alles gewinnen.“, schwärmt Sergio. Vor allem Valverde’s Beständigkeit und Vielseitigkeit beindrucken ihn.

Der Respekt gegenüber den ganz Großen seines Landes ist aber auch enorm, weil sie viel für den Radsport in Kolumbien getan haben und genau das ist sein großes Ziel: „Ein Vorbild für die nächste Generation zu sein ist wichtig für mich.“

Vom Lehrling zum Meister

Die ersten Jahre, waren klassische Lehrjahre mit einigen kleinen Erfolgen. 2018 wurde das Team „EF Education First“ auf das kolumbianische Leichtgewicht aufmerksam. Er sollte sich im Frühjahr 2019 beim Baskischen Team „Euskadi“ beweisen. Hoch motiviert stürmte Sergio so von Erfolg zu Erfolg. Mit einem 3ten Platz beim „GP Miguel Indurain“ empfahl er sich dann endgültig für die höchste Liga im Radsport. Sein Debut gab er mit einem 2ten Gesamtrang bei der Kalifornien Rundfahrt, nur geschlagen von Tadej Pogacar, Tour Sieger `20 und `21. Die absolute Krönung war dann jedoch sein erster Grand Tour Etappen Sieg bei der Spanienrundfahrt im September. Der Kletterstarke Higuita war dort angekommen, wo er immer hinwollte.

Heimat und Familie

Sergio ist nach wie vor gerne und so oft wie möglich zu Hause in Kolumbien. Meist von Oktober bis Dezember wo in Europa eh keine Rennen stattfinden: „Familie ist für mich das Wichtigste. Sie geben mir Kraft und unterstützen mich, wo es nur geht. Ich sehe sie das ganze Jahr nicht, deshalb könnte ich auf mein Handy und Internet gar nicht verzichten. Klar, ein bisschen weniger Zeit im Internet würde manchmal nicht schaden - als Kolumbianer, der viele Monate im Jahr fern der Heimat weilt, ist das Mobiltelefon aber extrem wichtig.“ Angesprochen auf seinen bis dato schönsten Moment am Rad musste er dementsprechend nicht lange überlegen: „Februar 2020.“, schießt es aus ihm heraus. In diesem Monat gewann er die kolumbianische Meisterschaft und nur ein paar Tage später jubelte Sergio über den Gesamtsieg bei der Kolumbien Rundfahrt. „Diese Rundfahrt ist das größte Rennen in meiner Heimat, hier zu gewinnen ist für mich das größte und schönste Überhaupt.“, schwärmt er noch heute davon.

Das Monster…

…so Sergio’s Rufname, ist seit 2022 bei „BORA-Hansgrohe“ unter Vertrag. Abseits des Rades sehr freundlich und lustig mit stets einem Lächeln auf den Lippen, kann er auf dem Rad schon ganz anders sein. Fast wie ein Monster eben. Warum wird er nun aber im Spitznamen „Monster“ genannt? Zu seiner Zeit bei „EF Education First“ gab ihm sein damaliger Teamchef den Namen, weil es in Amerika eine Echse Namens „Gila-Krustenechse“ gibt. Diese Echse ist klein, aber sehr giftig. Also wie Sergio, klein aber oho Bei BORA – hansgrohe schlug er sofort ein wie eine Bombe. Dabei bildete er im heurigen Frühjahr ein fast unschlagbares Duo mit Aleksandr Vlasov, die sich beim Siegen regelrecht abtauschten. Sein absolutes Highlight steht nun auch in den Startlöchern, die Spanienrundfahrt. Die wird er neben dem Giro-Sieger Jai Hindley bestreiten und versuchen seine Erfolge von 2022 fortzuführen. Wie man sich alles perfekt zusammenrührt und ein grandioses Gericht daraus entsteht, auf und neben dem Rad, weiß er schon mal: „Ich mag einfach die heimische Küche. Reis, Salat und Fleisch ist da immer dabei. Ich koche viel und gerne. Muss ich auch, denn Ich lebe allein.“, sagt der Kolumbianer mit einem leichten grinsen auf seinen Lippen, dem auch Frankfurter Würstchen ein Begriff sind. „Schwer auszusprechen aber einfach zu essen.“, war sein Resümee.