Wie KLINGT ein Fischbrötchen?

Wie KLINGT ein Fischbrötchen?

Musik ist Inspiration, Gute-Laune-Garant und wichtiger Alltagsbegleiter – auch bei Spitzenköchen und Foodexperten. Hier verraten sie ihre Lieblingssongs.

MAXIMILIAN LORENZ

Hip-Hop bevorzugt!

Als Jugendlicher hat der Sternekoch selbst gerne Hip-Hop gemacht. Heute ist er Besitzer des Edelrestaurants „maximilian lorenz“ am Kölner Dom. Neue deutsche Aromenküche bereitet der 30-Jährige zu Blumentopf und Freundeskreis zu. Aber nicht nur: Auch für Italo-Pop à la Eros Ramazzotti ist Lorenz zu haben – vor allem wenn es sein Lieblingsgericht gibt: Spaghetti Bolognese.

Interviews: AYLA AMSCHLINGER, ANNA KAROLINA STOCK

Fotos: Marvin Evkuran, Aryan Mirfendereski, Fabian Dietrich, Eva Runkel, Maximilian Lorenz, Valéry Kloubert, Lukas Jahn, Andreas Kolarik, Foodoholic/Florian Kaminski

Kochen ist kreatives Arbeiten – mit allen Sinnen für alle Sinne. Welche Musik passt dazu?
Es kommt darauf an, ob ich privat koche oder beruflich. Während der Servicezeiten ist die Musik aus, denn wir brauchen höchstmögliche Konzentration. Bei den Vorbereitungen – dem „Mise en Place“ – ist es anders. Da habe ich den Mitarbeiter mit dem „besten“ Musikgeschmack (der meinem am nächsten ist) zum Küchen-DJ erkoren.

Was legt Ihr Küchen-DJ denn auf?
Ich höre sehr gerne deutsche Musik und kann mich wahnsinnig für alte Sachen von Max Herre, Blumentopf, Freundeskreis begeistern. Auch für Sido oder Johannes Oerding.

Was läuft, wenn Freunde zum Essen da sind?
Ich bin ein großer Fan von Jazz, Soul, Chill-out, Club Music. Wichtig ist ein dezenter Beat: Der Kopf geht leicht mit, aber die Musik ist nicht so fordernd, dass Gespräche behindert werden.

Kann Musik den Genuss so beeinflussen, dass ein Gericht noch besser schmeckt?
Den Eindruck habe ich nur bei italienischer Musik und italienischem Essen. Die passen wie die Faust aufs Auge. Angenommen, die Sonne scheint, man isst ein selbst gekochtes Vitello tonnato, trinkt einen schönen Sauvignon Blanc aus Südtirol und hört Eros Ramazzotti oder Giovanni Zarrella – das ist wie Kurzurlaub in Italien.

Sie haben das deutsche Fischbrötchen völlig neu interpretiert. Welche Musik kommt Ihnen dazu in den Sinn?
Ich denke an Udo Lindenberg. Von außen sehr speziell, aber wenn man in das Fischbrötchen beißt, weiß man: „Das ist es. Es hätte nie anders sein dürfen.“ Das gleiche Aha-Erlebnis hat man, wenn Udo Lindenberg anfängt zu singen.

Beim KOCHEN
▸ Vinylshakerz One Night In Bangkok (Techno/Electro House)
▸ Snap! The Power (Eurodance)
▸ SDP feat. Weekend Tanz aus der Reihe! (Hip-Hop)

Beim ESSEN
▸ Buena Vista Social Club Chan Chan (Son Cubano)
▸ Max Herre A-N-N-A (Hip-Hop) Foto
▸ Eros Ramazzotti Più Bella Cosa (Pop

ANDREAS SENN

Hauptsache, Deep House

Der mit zwei Michelin-Sternen und vier Hauben ausgezeichnete österreichische Spitzenkoch steht für innovative, leichte Küche. Im Mai 2020 eröffnete SENNS.Restaurant im Salzburger Gusswerk mit einem neuen Interior- und Genusskonzept: Als Hommage an die Vergangenheit schwebt die letzte Glocke, die hier gegossen wurde, über den Tischen. Ein besonderes Highlight ist auch die offene Küche mit BORA System, die sich mitten im Restaurant befindet. So können Gäste dem 41-Jährigen buchstäblich über die Schulter schauen.

Hören Sie und Ihr Team während der Arbeit Musik?
Natürlich, den ganzen Tag.

Singen Sie auch laut mit?
Nein, meistens läuft im Hintergrund Deep House, wir haben verschiedene Playlists. Einzige Ausnahme: wenn ich neue Gerichte Probe koche. Dann brauche ich absolute Stille.

Welche Musik empfehlen Sie für ein Essen im Restaurant, welche für ein gemütliches Dinner mit Freunden?
Beim Essen ist Musik ein wichtiger Bestandteil, ebenso wie die richtige Beleuchtung. Sie sollte zur Location passen. Deep House als Hintergrundmusik ist immer unkompliziert.

Und Ihr persönlicher Best-of-Soundtrack?
Ich mag Musik, die Spaß und gute Laune macht, aber nicht zu laut ist.

Beim KOCHEN
▸ The White Stripes Seven Nation Army (rock)
▸ Tep No Me And My Guitar (electronic)
▸ Master KG Jerusalema (Afro house)

Beim ESSEN
▸ Nora en Pure All I Need (electronic)
▸ Worakls Salzburg (electronic)
▸ Disciples On My Mind (house)

FLORIAN KAMINSKI

Gute-Laune-Playlist

Der 25-jährige Berliner ist Instagram-Influencer, Kochbuchautor und Gründer von „Foodoholic“, einem Onlinemagazin mit App für gesunde Ernährung. Seine Küche zeichnet sich durch alltagstaugliche, leicht nachvollziehbare Gerichte aus, die allesamt unter dem Motto stehen: „Iss besser, nicht weniger!“

Verbinden Sie ein Lieblingsgericht mit einem bestimmten Song?
Ja, selbst gemachte neapolitanische Pizza mit „Funiculì Funiculà“. Dazu wurde privat auch schon durch die Küche getanzt, während die Pizza auf dem Pizzastein backte.

Hören Sie beim Kochen immer Musik?
Nicht immer. In Situationen, wo viel zu erledigen und der Stress hoch ist, wird die Musik leiser gedreht, um konzentrierter arbeiten zu können. In gelassenen Situationen läuft aber fast immer Musik in unserer Test- und Produktionsküche.

Und was genau?
Meistens „Dein Mix der Woche“ oder die „Favoriten“ von Spotify. Manchmal ist es lustig, weil plötzlich „Zucker im Kaffee und Zitrone oder Sahne in den Tee“ oder „Griechischer Wein“ gespielt wird.

Singen Sie gerne mit?
Am liebsten höre ich Musik, die relativ gleichbleibend, techno- oder house-ähnlich ist und dabei einen fröhlichen Vibe versprüht. Allerdings hängt das auch immer davon ab, wo ich gerade koche. Zum Singen kommt es erst ab einem bestimmten Pegel mit guten Freunden. Da ich aber nur selten Alkohol trinke, ist das nicht oft der Fall.

Welche Musik legen Sie bei einem gemütlichen Dinner mit Freunden auf?
Ibiza-Lounge-Musik oder Jazz. Es kommt darauf an, um welche Art von Dinner es sich handelt. Seit Jahren veranstalte ich ein Weihnachtsdinner mit meiner ehemaligen Sportmannschaft: Da läuft zu später Stunde alles, nur nicht Lounge-Musik.

Beim KOCHEN
▸ Ben Stereomode Secrecy (house)
▸ Tash Sultana Notion (indie)
▸ Marwa Loud Fallait Pas (pop rap)

Beim ESSEN
▸ Overture Black Mandala (dance electronic)
▸ Tube & Berger, Alegant Cure (dance electronic)
▸ Tash Sultana Jungle (indie)

JULIA KOMP

Alles außer Rockmusik

Julia Komp, 32, war Deutschlands jüngste Sterneköchin. Ihren ersten Michelin-Stern erhielt sie im Alter von 27 Jahren. Nach zahlreichen Auszeichnungen und einer mehrmonatigen Weltreise führt Komp in Köln-Mülheim mittlerweile das Fine-Dining-Restaurant „Lokschuppen“ und das lässigere „Anker 7“. Während ihre neuen Kreationen asiatisch-orientalisch inspiriert sind, deckt der Musikgeschmack ihrer Küche (fast) alle Richtungen ab: von Schlager über Latin Pop bis zu Hip-Hop.

Kochen ist kreatives Arbeiten – mit allen Sinnen. Hören Sie dabei immer Musik?
Ja, entweder läuft das Radio oder irgendeine Playlist. Ansonsten fehlt etwas. Das kenne ich schon von zu Hause so. Meine Mutter hat morgens zuallererst das Radio eingeschaltet. Es beeinflusst einfach die Stimmung. Bei guter Musik hat man gleich viel bessere Laune. Vor allem wenn man mit dem Song ein positives Erlebnis verbindet.

Was hören Sie am liebsten beim Kochen?
Bei uns in der Küche läuft eigentlich alles – vom deutschen Liebeslied über Salsa und Karnevalsmusik bis hin zu französischem Rap. Was gar nicht geht, ist Rock. Dieses Genre haben wir eins zu zehn demokratisch abgelehnt.

Wählen Sie bestimmte Alben aus?
Eigentlich ist der lokale Radiosender 1LIVE oder 1LIVE DIGGI unser Dauerbrenner. Über DIGGI hört man auch Lieder, die nicht unbedingt im Radio kommen. Und samstags läuft leider Gottes WDR2 mit Bundesliga. In der Zeit mache ich Mittagspause.

Mögen Sie lieber Hintergrundmusik oder singen Sie auch mal laut mit?
Wir singen schon laut mit. Zum Beispiel zur Playlist, die wir sonntagabends zum Aufräumen hören. Da laufen dann unter anderem *NSYNC und Backstreet Boys – die 90er-Jahre halt.

Verlangen verschiedene Länderküchen beim Kochen nach entsprechender Musik?
Verlangen ist vielleicht zu extrem. Aber es kann gut passen. Auf der Feierabend-Playlist des Lokschuppens steht auf jeden Fall „Desert Rose“ von Sting, ein Song mit stark orientalischem Einschlag.

Beim KOCHEN
▸ Aya Nakamura Jolie Nana (R&B)
▸ Topic ft. A7S Breaking Me (electronic)
▸ Revolverheld Mit dir chilln (indie)

Beim ESSEN
▸ Ali Gatie What If I Told You That I Love You (pop)
▸ Dennis Lloyd Nevermind (Alright) (pop)
▸ Robin Schulz, Wes Alane (electronic)

FABIAN DIETRICH

Sonntags? Klassik!

Fremde Kulturen entdecken, Abenteuer erleben, Aromen sammeln. Fabian Dietrich ist ein Mensch mit vielen Leidenschaften. Eine davon hat er zu seinem Beruf gemacht: das Kochen. Auf seinem Foodblog „About Fuel“ schreibt Dietrich über Polenta mit Kardamom-Pflaumen, Erdbeer-Ravioli mit Minz-Crème – und warum BORA Pure ihn gerettet hat.

Sind Sie jemand, der beim Kochen Musik hört?
Definitiv. Wirkliche Stille gibt’s in meiner Küche nie: Wenn nicht Musik läuft, dann ein Podcast. Oder es sind Freunde da und wir unterhalten uns.

Wie klingt Ihr persönlicher Kochsoundtrack?
Das kommt auf meine Stimmung an. Wenn ich etwas schnell zubereiten muss, höre ich Power-Songs, die mich pushen. Wenn ich aber sonntags eine gemütliche Bolognese koche, mag ich entspannende Klassik dazu. Am besten ist es, wenn man Musik findet, die der Kochgeschwindigkeit entspricht. Zum Risotto-Rühren am Herd passt keine Party-Musik.

Beeinflusst Musik Sie beim Kochen?
Also, ich würze nicht spontan schärfer, nur weil ich einen bestimmten Song höre. Kochen ist für mich kein starrer Prozess und so ist es auch mit Musik.

Wie komponieren Sie Ihre Gerichte?
Ich habe in meinem Kopf eine Geschmacksbibliothek, in der ich alles abspeichere, was ich jemals gegessen habe. Wie schmeckt eine in Essig eingelegte Zwiebel, wie eine in Zitronensaft? Wenn ich koche oder Rezepte entwickle, jongliere ich mit verschiedenen Geschmackskombinationen.

Das ist ja ein bisschen wie beim Erstellen einer Playlist: Man fügt Songs hinzu, und im Idealfall kommt etwas Stimmiges heraus.
Nicht umsonst heißt es ja auch Geschmackssymphonie! Oder man spricht von Geschmacksnoten. Die nehme ich praktisch aus meiner Geschmacksbibliothek und kombiniere verschiedene Grundzutaten, Komplexitäten und Zustände. Die Harmonie muss stimmen. Manchmal ersetze ich nur eine Zutat, und das ganze Gericht bekommt eine völlig andere Note.

Wie ein Remix also?
Natürlich, es gibt gefühlt ja auch schon alles. Klassische Rezepte sind toll. Ich will aber Gerichte kochen, die begeistern und mir etwas Neues geben, statt immer nur den gleichen Song zu spielen.

Beim KOCHEN
▸ Harry Styles Cherry (pop)
▸ Drake Passionfruit (hip-hop)
▸ Frank Ocean Strawberry Swing (R&B)

Beim ESSEN
▸ Sam Cooke Fool’s Paradise (soul)
▸ Majid Jordan Her (pop)
▸ The XX Angels (indie)